Telling Time

27.05 – 27.09.2015
Ausstellungen

Wandelnde Stunden, Weltuhren, geheimnisvolle Stunden, Digitaluhren, Bras-en-l’air-Uhren, springende Stunden, singende Uhren: Der Wortschatz zum Thema Uhr greift auf phantasievolle und aufschlussreiche Weise die Vielseitigkeit der unterschiedlichen Lösungen auf, die im Lauf der Jahrhunderte erdacht wurden, um die Uhrzeit anzuzeigen.

Die Ausstellung L’Eloge de l’heure zeigt sowohl historische Stücke als auch Werke zeitgenössischer Künstler und Designer. Ihre Gemeinsamkeit besteht in der Absicht, über die Uhrzeit Auskunft zu erteilen. In Kunstwerken der Gegenwart wird häufig der Erfindungsgeist der Uhrmacher vergangener Zeiten aufgegriffen und übertragen. In diesem Sinne verwenden die Künstler und Designer die herkömmliche Anzeige der Uhrzeit als Grundlage, um sie, häufig auf sehr humorvolle Weise, zu verfremden. Alle diese Exponate geben die ablaufende Zeit an. Damit erinnern sie daran, dass das Verstreichen der Zeit keine Gnade kennt.
Als einziges Design-Museum in der französischen Schweiz, einer Region, die international als eine der Wiegen der Uhrmacherei gilt, wollte das Mudac in die Welt der Zeitanzeige eintauchen. Es ist das erste Museum, das sich auf so umfassende und disziplinübergreifende Weise mit der Uhrmacherei befasst. In der Ausstellung L’Éloge de l’heure vereint es die Werke einer erstklassigen und international anerkannten, traditionellen Uhrmacherkunst mit Experimenten von Industriedesignern oder neuen Anbietern des digitalen Marktes.

Während sich die Instrumente unaufhaltsam weiter entwickeln, bleibt der Wunsch des Menschen, die Zeit zu kennen und zu messen, unverändert, und folglich statten wir uns alle mit einem Gegenstand aus, der uns im täglichen Leben das Ablesen der Uhrzeit ermöglicht. Vor diesem Hintergrund zeigt die Ausstellung die seit mehr als fünf Jahrhunderten währende Dynamik der Uhrmacherei betont ihre außergewöhnliche Fähigkeit zur Innovation und Selbsterneuerung, mit der sie es stets verstanden hat, Instrumente zur Zeitmessung und Zeitanzeige hervorzubringen, die den Bedürfnissen der jeweiligen Epoche entsprachen, von der Erfindung der Uhrzeiger bis hin zu den biometrischen Sensoren der Smartwatch. Eine Chronologie lässt die klassischen oder inoffiziellen Experimente und Errungenschaften der Uhrmacherei Revue passieren: Tages- und Nachtuhren, 24-, 12- oder sogar 10-stellige Zifferblätter, Weltuhren, Uhren mit Leuchtziffern, ziffernlose Uhren…
Solche Besonderheiten bilden gewissermaßen eine Brücke zu den Designern und Plastikern der Gegenwart, die mit ihren Ideen und Werken die Zeitanzeige und das Verstreichen der Zeit weiter entwickeln, verfremden oder hinterfragen. Gianni Motti zählt die Sekunden bis zur voraussichtlichen Explosion der Sonne in 5 Milliarden Jahren (Big Crunch Clock, 1999), Maartens Baas entwirft ein Video, in dem die Uhrzeit durch Straßenkehrer angezeigt wird, die in Echtzeit Abfälle entsorgen (Sweepers Clock, 2009), John M Armleder interpretiert das Motiv des Memento Mori neu und gestaltet daraus eine zeitgemäße Armbanduhr (ARTNA, Romain Jérôme, 2012), Ivan Argote zählt die Minuten in Dollar und Euro (Time is Money, 2007), Siren Elise Wilhelmsen misst die verstrichene Zeit anhand der Zunahme des von ihrer Wanduhr gestrickten Schals (365 Knitting Clock, 2010), Marti Guixé erinnert uns mit seiner Uhr, die im passenden Moment einen kulinarischen Duft verbreitet, daran, dass es Zeit ist, zu essen (Time to eat, 2011). Auf diese Weise verschafft sich die traditionelle Uhr durch beeindruckende Kreativität, Humor, durch geistreiche Zitate und Poesie Zugang zum Zeitgeist von heute. Gemälde, Unikate oder serienmäßig produzierte Objekte, Projektionen und Installationen säumen den Rundgang und vermitteln uns einen unvergleichlichen und aufschlussreichen Überblick über unsere Beziehung zur Uhrzeit und zu den Möglichkeiten, sie abzulesen.

Jede Disziplin – Uhrmacherei, Kunst, Design – entfaltet ihre eigene Wirkung und ist auf ihre Art poetisch und ästhetisch. So stellt diese Ausstellung häufig ungeahnte Verbindungen zwischen den einzelnen Epochen und zwischen den einzelnen Objekten her und zeugt von einer Kontinuität und Harmonie der Geschichte, die Gegenwart und Vergangenheit vereint. Sie ist bewusst ungewöhnlich, merkwürdig, witzig.
Die Ausstellung L’Éloge de l’heure umfasst einen Gesamtbestand aus 150 Gegenständen aus ganz Europa. Die historischen Exponate stammen sowohl aus privaten als auch großen öffentlichen Sammlungen, insbesondere aus den Sammlungen des Internationalen Uhrenmuseums (MIH) in La Chaux-de-Fonds, des Uhrenmuseums Beyer in Zürich, des Uhrenmuseums in Le Locle – Château des Monts, aus dem Museum Louvre in Paris oder aus dem Musée des Arts Décoratifs in Paris sowie aus den Archiven namhafter Uhrenhersteller, wie Vacheron Constantin, IWC oder Jaeger-LeCoultre..
Die Gestaltung der Ausstellung erfolgte in Zusammenarbeit mit der ECAL / Kantonalen Kunstschule Lausanne, und die Verantwortlichen sind Iris Andreadis, Anna Heck, Pauline Lemberger und Jerôme Rütsche, Studenten der Lehrveranstaltung Exhibition Design, die von dem Industriedesigner Adrien Rovero geleitet wird. Anlässlich der Ausstellung wurde ein Buch veröffentlicht, das gemeinsam vom Mudac und dem 5 Continents Verlag (Mailand) herausgegeben wird. Darin werden alle Werke der Ausstellung vorgestellt und von Essays der Ausstellungskuratoren und von Fachleuten der verschiedenen Disziplinen begleitet.

2016 soll die Ausstellung L’Éloge de l’heure im Musée des Arts Décoratifs in Paris gezeigt werden.

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