Der Erde zuhören

18.06 → 25.09.2022

Für die erste Ausstellung von Werken aus seiner Sammlung in seinem neuen Gebäude erinnert das mudac an eine grundlegende Botschaft. Getreu seinen Werten, engagiert und in gesellschaftliche Themen eingebunden, lädt uns das Museum ein, der Erde zuzuhören.

Die Klima- und Umwelt­krise ist sicher­lich die grösste Heraus­for­de­rung des 21. Jahr­hun­derts, der sich die Mensch­heit zu stel­len hat. Die Erde leidet und sucht uns durch verschie­dene Mittel zu warnen: Klima­stö­run­gen, stei­gende Wasser­stände, Rück­gang der Arten­viel­falt oder Ausste­r­ben bestimm­ter Arten. Die ökolo­gi­sche Dring­lich­keit ist in allen Teilen der Erde zu spüren, auch in der Welt des Desi­gns und der ange­wand­ten Kunst. Das mudac, das seine Samm­lung auf aktu­elle gesell­schaft­li­che Themen ausrich­tet, nimmt seit eini­gen Jahren Stücke auf, die uns darauf aufmerk­sam machen, was die Erde uns zu sagen hat.

Der Erde zuhö­ren lässt uns in die Samm­lung des mudac eintau­chen, in deren verschie­de­nen mitein­an­der verknüpf­ten Berei­chen – Design, Kera­mik, Glas­kunst, zeit­ge­nös­si­sche Druck­gra­fik und zeit­ge­nös­si­scher Schmuck – sich die Heraus­for­de­run­gen des Klima­wan­dels spie­geln. Die Werke bestä­ti­gen das Enga­ge­ment der Desi­g­ner:innen und öffnen den Blick auf das, was möglich erscheint. Sie sind ein Appell an uns, die Natur nicht mehr nur unter dem Gesichts­punkt der Renta­bi­li­tät, der Produk­ti­vi­tät oder als gren­zen­lose Ressource zu betrach­ten, die den mensch­li­chen Akti­vi­tä­ten zu dienen hat. Sie bitten uns, auf die Phäno­mene zu hören, die von der Viel­falt unse­res Plane­ten zeugen, und uns der Gefähr­dung dieses Gleich­ge­wichts bewusst zu werden.

Ausstellungsführer

Für alle Personen, welche die Ausstellung frei besuchen möchten, steht ein von der Grafikerin Anaëlle Clot speziell gestalteter Ausstellungsführer kostenlos zur Verfügung.
Eine Broschüre, die einen auf Kinder von 8 bis 12 Jahren zugeschnittenen Rundgang durch die Ausstellung vorschlägt, ist ebenfalls erhältlich.

Bertille Laguet, Jura­tuf n°2, 2018

Beistell­tisch aus bemal­tem Stahl, Desi­gnflex©, 60 × 40.2 × 55 cm

Dieser Beistell­tisch ist mithilfe eines neuen Mate­ri­als namens „Desi­gnflex©“ erstellt, das aus einer Ober­flä­che aus Natur­stein (Schie­fer und Glim­mer­schie­fer) besteht und durch Glas­fa­ser und Harz verstärkt wird, sodass es flexi­bel, bruch­si­cher und unver­gäng­lich wird. Dabei nutzt Bertille Laguet ihr Knowhow im Umgang mit Metall, um ein mini­ma­lis­ti­sches Grund­ge­rüst zu schaf­fen. Anschlie­ßend wird die dünne Stein­schicht mit Hilfe einer raffi­nier­ten, durch tradi­ti­o­nelle Schmie­de­me­tho­den inspi­rier­ten Tech­nik ange­bracht. Das Ergeb­nis ist erstaun­lich: Vermeint­lich aus massi­vem Stein gefer­tigt, ist der Beistell­tisch doch tatsäch­lich ganz leicht und elegant. Dieses Expo­nat ist ein hervor­ra­gen­des Beispiel für die Einstel­lung der Desi­g­ne­rin: Inno­va­tion durch die Verwen­dung ausge­fal­le­ner Mate­ri­a­lien, Entfal­tung ihrer unter­schied­li­chen Talente und eine umwelt­be­wusste und lokale Herstel­lung.

Boris Denn­ler, Radi­a­tor Chair, 2016

Recy­cel­ter und sand­ge­strahl­ter Heiz­kör­per, Lack, Metall 90 × 50 × 80 cm

Die Idee für Radi­a­tor Chair entstand während eines Besuchs beim Schrott­händ­ler. Ganz oben auf einem Haufen Schrott lag ein alter, verbo­ge­ner Heiz­kör­per, der für den Künst­ler von weitem aussah wie eine Sitz­ge­le­gen­heit.
Der Radi­a­tor Chair ist eher ein Stück, das einen Raum schmückt, als ein beque­mes Sitz­mö­bel. Das Mate­rial selbst ist dabei kalt, aber das Konzept von Wärme wird durch die ursprüng­li­che Funk­tion des Heiz­kör­pers dennoch mitas­so­zi­iert. Dem Desi­g­ner gefällt es, die Gren­zen der klas­si­schen Kate­go­rien zu über­schrei­ten, indem er anspruchs­volle Objekte als Heraus­for­de­rung annimmt und ihnen eine neue Form, eine neue Funk­tion und einen neuen Zweck verleiht. Eine der Trieb­kräfte seines Ansat­zes ist es, durch den Blick des Desi­gns inno­va­tive Lösun­gen zu finden, um die Obso­les­zenz eines Objekts zu verhin­dern – insbe­son­dere von Kunst­stoff, dessen Auswir­kun­gen auf den Plane­ten verhee­rend sind.

Laura Couto Rosado, Veil­leuse tellu­ri­que, 2015

Porzel­lan, Gold-Orna­mente, LEDs, Compu­ter­an­schluss, H 25 cm

Wie ein Herz­schlag pulsiert es im Inne­ren der Veil­leuse tellu­ri­que (Erdwäch­te­rin): Über farbige LED-Leuch­ten über­trägt die Lampe die seis­mi­sche Akti­vi­tät der Schweiz in Echt­zeit – schwach leuch­tende Lich­ter zeugen von der konti­nu­ier­li­chen Akti­vi­tät der Erde. Das Objekt ist mit einem Prozes­sor verbun­den, der an einen Compu­ter ange­schlos­sen ist, welcher im Inter­net aufge­zeich­nete seis­mi­sche Daten auswer­tet. So wird jede Erschüt­te­rung, die, wenn auch nicht sicht­bar, so doch spür­bar ist, mit Hilfe von Licht­si­gna­len über­tra­gen. Der Korpus dieses einzig­ar­ti­gen Objekts, das in Zusam­me­n­a­r­beit mit der Manu­fac­ture de Sèvres herge­stellt wurde, besteht aus email­lier­tem Porzel­lan und ist mit feinen golde­nen Orna­men­ten über­zo­gen. Das Muster dieser Orna­mente trägt nicht nur die Form eines Strom­krei­ses, tatsäch­lich fungiert es auch als solches, indem es die klei­nen Glüh­lam­pen, die mit Hilfe von Magne­ten behut­sam direkt auf der Porzel­la­no­ber­flä­che befes­tigt sind, mit Strom speist.

Kuratorium Amélie Bannwart
Isaline Vuille
Szenografie Magali Conus
Boris Dennler

Hauptpartner

Medienpartner