Carte blanche für David Bielander

08.02 → 30.04.2017
Collier de David Bielander

Der in München lebende, Schwei­zer Künst­ler David Bielan­der verwan­delt Alltags­ge­gen­stände in Schmuck. So werden die Einzel­teile eines Stuhls zu einem Würst­chen­col­lier, Reiß­nä­gel zu Schup­pen eines Kois, Einweg­feu­er­zeug-Kappen zu flie­gen­den Insek­ten. Seine Arbeits­weise zeugt von einer ausge­präg­ten Sensi­bi­li­tät für Gegen­stände und Mate­ri­a­lien:
Nach eige­nen Worten besteht seine Tätig­keit in nichts ande­rem als in der „Offen­ba­rung“ dessen, was schon da ist – das Würst­chen im Stuhl, die Schuppe im Reiß­na­gel – also gewis­ser­ma­ßen in der „Auf­merk­sam­keit“ für die Formen, die in den Dingen verbor­gen sind.
Zahl­rei­che Tiere bevöl­kern die Welt von David Bielan­der : Schlan­gen, Schweine, Elefan­ten, Nackt­schne­cken oder Garne­len: Dabei ist es weni­ger ihre Symbo­lik, die ihn faszi­niert, sondern viel­mehr der unmit­tel­bare Erken­nungs­ef­fekt, den sie beim Betrach­ter auslö­sen. Sobald seine Krea­ti­o­nen getra­gen werden, entwi­ckeln sie durch ihre Ambi­va­lenz und unsere Phan­ta­sie ein ande­res Leben : Die Nackt­schne­cken-Broschen krie­chen förm­lich in Rich­tung Dekol­leté, die Schlan­gen ringeln sich um den Nacken… Trotz der Komple­xi­tät oder unge­wöhn­li­chen Größe der Einzel­stü­cke handelt es sich um echten Schmuck, entwor­fen, um getra­gen zu werden. Die Stücke werden meist in klei­nen Serien herge­stellt, manch­mal sogar in unlimi­tier­ter Auflage.
Als Student des Schwei­zer Schmuck­künst­lers Otto Künzli, mit dem er einen aussa­ge­kräf­ti­gen konzep­tu­el­len Ansatz teilt, vera­r­bei­tet David Bielan­der die Mate­ri­a­lien mit äußers­ter Präzi­sion und abso­lu­ter Frei­heit zugleich. Er spielt mit Farbe und Beschaf­fen­heit um die Illu­si­ons­wir­kung seiner Schmuck­s­tü­cke zu errei­chen. Aller­dings ist die Illu­sion, obwohl der Begriff häufig zur Umschrei­bung seiner Arbeits­weise bemüht wird, nicht Selbst­zweck, sondern sie entspricht viel­mehr einer Art des Humors, die sowohl den Dialog als auch die persön­li­che Ausein­an­der­set­zung anregt.

Im mudac präsen­tiert David Bielan­der eine Werk­schau seiner Arbeit seit 1996. Eine merk­wür­dige inter­ak­tive Maschine am Eingang stimmt auf die Ausstel­lung ein : Sie produ­ziert einen perfekt ausge­form­ten, klei­nen Ring aus Rauch, den der Besu­cher selber in ein käuf­lich erwor­be­nes Säck­chen verpackt und mitneh­men kann. Das Erle­ben der Diskre­panz zwischen dem, was wir sehen und dem was wir wissen (dessen Versi­che­rung jedoch unmög­lich ist, ohne die Zerstö­rung des Rings zu riskie­ren) veran­schau­licht die viel­fäl­ti­gen Betrach­tungs­ebe­nen in seinem Werk.
Ein paar Schritte davon entfernt würdigt er den Meis­ter der alle­go­ri­schen Male­rei des 16. Jahr­hun­derts, Giuseppe Arcim­boldo. Indem er das Prin­zip des Assemblage-Portraits aufgreift, stellt er – gemein­sam mit dem Basler Foto­gra­fen Simon Bielan­der – aus Foto­gra­fien seiner Stücke ein Selbst­por­trait zusam­men. Die tatsäch­li­chen Schmuck­s­tü­cke werden im selben Raum auch sepa­rat ausge­stellt.
Eine neue Reihe aus Schmuck­s­tü­cken, die Well­pappe Arbei­ten, hinter­fragt direkt die Wert­vor­stel­lun­gen, die gewöhn­lich mit Schmuck­ma­te­ri­a­lien verknüpft werden. In Anleh­nung an Bastel­me­tho­den aus der Kind­heit oder aus der Zeit­schrift Système D baut David Bielan­der Armrei­fen und Kronen aus zusam­men­ge­hef­te­ter Well­pappe, die in Wirk­lich­keit aus Gold
oder Silber sind.
Diese Reihe aus Fälschun­gen in umge­kehr­ter Rich­tung umfasst außer­dem Papier­tü­ten, wie sie zum Verpa­cken von Back­wa­ren oder zum Verste­cken von Alko­hol­fla­schen in der Öffent­lich­keit verwen­det werden. Ein weite­res Beispiel für die Hinter­fra­gung von Wahr­hei­ten in den Arbei­ten von David Bielan­der.

Bracelet par David Bielander
Autoportrait par David Bielander
Bracelets par David Bielander
Collier par David Bielander
Colliers par David Bielander
Installation par David Bielander
Objet par David Bielander
Broche par David Bielander
Crucifix par David Bielander