Blow Firozabad Bangles. Eine Ausstellung von François Daireaux

25.10.2017 → 11.02.2018

Die Ausstel­lung Blow Firo­zabad Bangles von François Daireaux ist das Ergeb­nis unzäh­li­ger Reisen, die der Künst­ler zwischen den Glass­täd­ten Firo­zabad in Indien und Meis­en­thal im Dépar­te­ment Moselle unter­nom­men hat. Firo­zabad ist eine Arbei­ter­stadt im Norden Indi­ens, deren Haupt­tä­tig­keit seit mehre­ren Jahr­hun­der­ten in der Glas­pro­duk­tion besteht, und insbe­son­dere in der Herstel­lung von Glas­arm­bän­dern, Bangles, mit denen sich indi­sche Frauen schmü­cken. Diese werden täglich milli­o­nen­fach in den Hunder­ten von Glas­hüt­ten, die sich über die ganze Stadt vertei­len, herge­stellt. Fast alle 600.000 Einwoh­ner dieser Stadt arbei­ten in der Glas­pro­duk­tion, in einem hölli­schen Rhyth­mus und unter oftmals äußerst unwür­di­gen Bedin­gun­gen.

Zwei Jahre lang studierte, foto­gra­fierte und filmte der Künst­ler die Glass­tadt. Dabei entstand eine Samm­lung aus Gegen­stän­den einer ganzen Produk­ti­ons­li­nie, die er anschlie­ßend ihrer ursprüng­li­chen Umge­bung entriss, indem er sie nach Meis­en­thal in das Inter­na­ti­o­nale Glas­zen­trum (CIAV) expor­tierte. Darauf­hin wurde eine Kollek­tion aus 404 Toras – Sträus­sen aus verfloch­te­nen Bangles – gebla­sen. Hier­für verwen­dete man Formen, die das CIAV aufbe­wahrt hatte, nach­dem zahl­rei­che loth­rin­gi­sche Glas­hüt­ten kurz nach­ein­an­der schlie­ßen muss­ten. Dies war die Geburts­stunde des Werkes Blow Bangles, das 404 von den Glas­künst­lern aus Meis­en­thal mund­ge­bla­se­nen „Abdrü­cken“ umfasst. Im mudac wurden sämt­li­che „Abdrü­cke“ auf einem Sockel ange­ord­net. Der Besu­cher ist
einge­la­den, sie von allen Seiten zu bestau­nen, bevor er in einen abge­dun­kel­ten Raum zur Vorfüh­rung des Films Firo­zabad gelei­tet wird.
Auf diese Weise spricht dieses Projekt sehr umfas­sende Themen an, die aktu­el­ler sind denn je: Globa­li­sie­rung und Verein­heit­li­chung der Massen­pro­duk­tion, Arbeits­be­din­gun­gen bei der Herstel­lung von Gegen­stän­den, die zu Nied­rig­prei­sen im Westen verkauft werden, Waren­ver­kehr, der die Kultu­ren zwangs­läu­fig mittrans­por­tiert.
Mithilfe des Umlaufs, der Umwand­lung und Neuschöp­fung von Gegen­stän­den ermög­licht François Daireaux einen Austausch ande­rer Art unter neuen Vorzei­chen. Er sorgt für die Begeg­nung von Kultu­ren, die geogra­fisch weit vonein­an­der entfernt sind, sich aber durch die gemein­same Tradi­tion der Glas­her­stel­lung dennoch nahe­ste­hen und glei­cher­ma­ßen den Krisen der loka­len Produk­tion ausge­lie­fert sind (Schlie­ßung der fran­zö­si­schen Manu­fak­tu­ren aufgrund von Stand­ort­ver­le­gun­gen und unmensch­li­che Arbeits­be­din­gun­gen des Massen­glas­hand­werks in Indien). Diese „Abdrü­cke“, die aus der Verschmel­zung dieses Know-hows hervor­ge­hen, laden die Besu­cher zur Ausein­an­der­set­zung mit unse­rer globa­li­sier­ten Lebens­weise ein, während der Film uns mit der bruta­len Reali­tät von Firo­zabad konfron­tiert.

Blow Bangles
Blow Bangles
Blow Bangles