Welche Zukunft für das Desi­g­nerbe?

Archive des West­schwei­zer Desi­gns

Heut­zu­tage ein Archiv aufzu­bauen bedeu­tet nicht nur, eine Samm­lung von Arte­fak­ten und Doku­men­ten über die Entwick­lung des West­schwei­zer Desi­gns für künf­tige Gene­ra­ti­o­nen zu bewah­ren. Es geht auch darum, die zweck­mäs­si­gen Elemente zu defi­nie­ren, die das Museum zu sammeln hat, um künf­ti­gen Forschen­den die Möglich­keit zu bieten, die verschie­de­nen Fragen zu beant­wor­ten, mit denen sie konfron­tiert werden könn­ten. Die Entwick­lun­gen der Design-, Herstel­lungs- und Kommu­ni­ka­ti­ons-Tools zwingt heute dazu, die Archi­vie­rungs proto­kolle zu über­den­ken. In diesem Zusam­men­hang sind die Inwert­set­zung von Desi­gnschaf­fen­den und die Art und Weise, wie über ihre Arbeit in der Presse berich­tet wird, von entschei­den­der Bedeu­tung für ihre Förde­rung und die Aufnahme in der Öffent­lich­keit. Diese Aspekte beein­flus­sen nicht nur die Aner­ken­nung von Desi­gnschaf­fen­den, sondern auch die Art und Weise, wie ihre Arbeit vermit­telt und doku­men­tiert wird. In Round Tables mit Jour­na­list:innen und ande­ren Akteur:innen wird erör­tert, wie Medien Narra­tive in ein Archiv inte­griert werden können.

Können wir uns folg­lich neue Metho­den und Anwen­dun­gen vorstel­len, um die Umset­zung von Forschungs­pro­jek­ten im Bereich Design, insbe­son­dere im Bereich des West­schwei­zer Desi­gns, zu erleich­tern? Können neue Tools museale Insti­tu­ti­o­nen und private Unter­neh­men bei der Verwal­tung ihres Kultur­er­bes unter­stüt­zen? Kann künst­li­che Intel­li­genz (KI) mit ihrer beschleu­nig­ten Daten­ver­a­r­bei­tung, aber auch mit ihrer Fähig­keit, Bilder und Texte zu gene­rie­ren, als Verbün­dete für die Arbeit von Museen und in der Forschung in Betracht gezo­gen werden?

Das mudac hat ein zukunfts­o­ri­en­tier­tes Programm lanciert, das dazu dient, die Zusam­me­n­a­r­beit zwischen seiner mensch­li­chen (inkl. die Inter­ak­ti­o­nen der im Museum arbei­ten­den Perso­nen) und künst­li­chen Intel­li­genz (die auf jüngs­ten Fort­s­chrit­ten der simu­lier­ten Intel­li­genz beruht) zu erfor­schen. Das Studio oio wurde beauf­tragt, einen Proto­typ zu entwi­ckeln, der sich mit diesen Fragen beschäf­tigt, ein speku­la­ti­ves Objekt, dank dem sich diese Heraus­for­de­run­gen besser verste­hen lassen. Das Projekt umfasst inter­ak­tive Inter­views mit Desi­gnschaf­fen­den im Ausstel­lungs­raum, die von einem Mitglied der Konser­vie­rungs­ab­tei­lung des Muse­ums und einer KI durch­ge­führt werden, um heraus­zu­fin­den, wie die digi­ta­len Archive, welche die Desi­gnschaf­fen­den wähl­ten und dem Museum über­g­a­ben, durch die Inter­ak­tion mit KI berei­chert werden können. Das Studio oio stellte eben­falls speku­la­tive Über­le­gun­gen zu den Möglich­kei­ten der KI an und schlägt im Anschluss an die Inter­views ein digi­ta­les Plakat für eine mono­gra­fi­sche Ausstel­lung vor, die sich damit beschäf­tigt, wie eine den Desi­gnschaf­fen­den gewid­mete Ausstel­lung in zehn bis fünf­zehn Jahren ausse­hen könnte.

Diese ange­wandte Speku­la­tion geht weit über die Betrach­tung von KIs als einfa­che Tools oder im Gegen­teil als wich­tige Stell­ver­tre­ter hinaus und wirft zahl­rei­che Fragen für das Museum und die Akteur:innen des West­schwei­zer Desi­gns auf: Welche ethi­schen Heraus­for­de­run­gen sind mit der Verwen­dung dieser Tech­no­lo­gie, insbe­son­dere der gene­ra­ti­ven, verbun­den, um das Design und die Urhe­ber­rechte zu bewah­ren? Könn­ten diese neuro­na­len Netze imma­te­ri­elle Elemente wie Narra­tive und Fach­wis­sen erfas­sen, die für den Entwurf und die Anfer­ti­gung gesam­mel­ter Objekte benö­tigt werden und in übli­chen Archi­ven nicht bewahrt werden können? Könnte KI dazu beitra­gen, kultu­relle, gender­spe­zi­fi­sche oder spezi­e­sis­ti­sche Verzer­run­gen zu über­win­den, die bei der Bildung und Verwal­tung unse­rer Archive eine Rolle spie­len?

Dieser Arti­kel ist Teil einer Serie von sechs Themen, die im Rahmen der Ausstel­lung Archi­ves du Design Romand der West­schweiz erforscht werden, die vom 13.09.2024 bis zum 09.02.2025 im mudac zu sehen ist. Diese Labor-Ausstel­lung ist von einem viel­fäl­ti­gen und abwechs­lungs­rei­chen Programm beglei­tet, das Konfe­ren­zen, Podi­ums­dis­kus­si­o­nen und Work­shops umfasst.